Ja zur Energiestrategie, Nein zur energetische Konterrevolution à la Trump

An der DV der SPS

Als ich nach Bundesbern kam, habe ich meinen politischen Lehrmeister kennengelernt: der nationalrat Ruedi Rechsteiner. Vor 42 Jahren hat Ruedi seine Karriere mit einer Brandrede auf den Barrikaden von Kaiseraugst angefangen. Er hat mir beigebracht, dass man in der Politik schrittweise vorankommt, und dass jeder Schritt, ob gross oder klein, zählt. Seine Lektion habe ich seitdem nie vergessen.
Jetzt stehen wir vor einem grossen Schritt: die Energiestrategie 2050, worüber wir abstimmen, ist eindeutig ein Durchbruch:
• sie will unsere Öl- und Gasabhängigkeit drastisch reduzieren
o mit effizienteren Autos
o mit einer Sanierung unseres Gebäudeparks.
• Damit sollen auch unsere Emissionen an klimaschädigenden Gas drastisch reduziert werden. Das freut auch das Portemonnaie, weil unsere gewaltige Importrechnung für Erdöl sinkt.
• Die Energiestrategie will auch unseren Stromverbrauch stabilisieren. Denn die billigste und sauberste Kilowattstunde bleibt diejenige, die man weder erzeugen noch transportieren muss.

• Die Energiestrategie soll unser Land von der Abhängigkeit von Uran befreien. Besser gesagt: sie soll sicherstellen, dass nach der Abschaltung unserer Flatterstrom-AKW die Schweiz erneuerbare Energie produziert statt Dreck-Strom zu importieren.
• Und schliesslich verbietet dieses Gesetz den Neubau von AKWs.
Es reicht, nach England oder Frankreich zu schauen, um zu verstehen, dass diese Politik nicht von selbst geht. Dort versucht der Staat à tout prix den Bau von neuen AKWs zu erzwingen. Dieses Vorhaben ist an Irrationalität kaum zu überbieten, denn dieses Vorhaben kostet pro Kilowattstunde wesentlich mehr als der Ausbau der neuen erneuerbaren Energien. Der Neubau von Atomkraftwerken steht auch als Kernforderung im Energiepapier der SVP, das nach Fukushima publiziert worden ist. Nur damit es gesagt ist.
Es hat 41 Jahren gedauert, bis wir im Bundesrat und im Parlament definitiv eine Mehrheit für den Atomausstieg erreicht haben. Es ist eine historische Errungenschaft, welche nicht zu unterschätzen ist. Diese Chance müssen wir packen.
Natürlich hätten wir noch mehr gewünscht. Insbesondere einen fixen und geplanten Termin für die Abschaltung der AKWs anstatt das endgültige Ende von zufälligen Pannen abhängig zu machen. Natürlich möchten wir einen schnelleren Ausbau der neuen erneuerbaren Energien. Natürlich könnte man bei der Stromeffizienz ambitionierter sein.

Aber, liebe Genossinnen Genossen, wir können stolz sein, dass wir auch Kompromisse eingegangen sind, um eine breite Allianz für diesen Riesenfortschritt zu schmieden. Jetzt gilt es, die letzte politische Hürde zu nehmen.
Liebe Genossinnen und Genossen, es braucht unser volles Engagement.

Denn der Gegner ist nicht zu unterschätzen. Bekanntlich schreckt die Familie Blocher vor keinem Mittel zurück, um sich durchzusetzen. Das sieht man schon nur an der Art, wie sie die SVP gezwungen hat, ein Referendum zu lancieren. SVP Präsident Albert Rösti wollte dieses Referendum nicht.
Es ist auch verständlich: Soll er als Präsident des Wasserwirtschaftsverbands für die Energiestrategie werben? Oder als Präsident der von Swissoil dagegen sein? Swissoil ist übrigens eine absurde Bezeichnung, wenn man bedenkt, dass es im Schweizer Boden kein Öl gibt. Aber im Zeitalter der alternativen Fakten ist ja alles erlaubt…
Röstis Dilemma wurde in Herrliberg gelöst. Er musste sich auf die Seite von Saudi-Arabien schlagen statt die Schweiz zu unterstützen. Dumm gelaufen. In Herrliberg ist man halt «Heimatmüde».
Diese Woche hat einiges an Klarheit gebracht. US-Präsident Donald Trump hat angefangen, die Umwelt- und Klimapolitik zu demontieren, und auch die Effizienzpolitik zu torpedieren. Nach dem Motto «Make coal great again».

Es ist schwierig zu eruieren, ob Blocher Trump inspiriert hat oder umgekehrt. Es gibt aber eindeutig eine Synergie zwischen der Ablehnung der schweizerischen Energiestrategie und der amerikanischen Förderung der Braunkohle .
Wieso denn diese Synergie? Es ist so: Falls die Schweiz die Energiestrategie ablehnt, werden die Ersatz-AKW noch lange nicht parat sein, wenn dereinst die aktuellen AKWs ausgeschaltet werden. Wir werden also Dreckstrom importieren müssen, insbesondere aus deutschen Kohlekraftwerken. Die darin verbrannte Kohle kommt zum Teil aus Amerika. Das Szenario ist nicht Fiktion: wir haben es ein zu eins diesen Winter erlebt, als die Schweiz den Ausfall der Hälfte der Atomproduktion mit Stromimporten kompensiert hat.
Viele waren überrascht ob der Leidenschaft von Altbundesrat Blocher für Energiepolitik. Es ist aber eine alte Liebe, denn er hat vor über 30 Jahren als junger Nationalrat das Begräbnis für das AKW Kaiseraugst organisiert. Allerdings wurde dieser Spass damals als Staatsbegräbnis zulasten der Staatskasse aufgegleist und kostete den stolzen Betrag von 350 Millionen Franken.
Dazu noch eine lustige Anekdote: Die heutige sehr weise Ständerätin aus Basel-Stadt, unsere Genossin Anita Fetz, damals noch freche POCH-Nationalrätin, hatte einen ausgezeichneten Antrag im Parlament eingereicht: man solle neu verhandeln und den Projektabbruch für einen symbolischen Franken aushandeln.
Das bekräftigt einmal mehr, dass die SP sparsamer als die SVP mit öffentlichen Geldern umgeht. Das nur als Antwort auf den scheinheiligen Subventionssvorwurf an die Energiestrategie.
À propos Subventionen: der grosse Subventionstreuer in diesem Dossier ist Blocher selbst. Er ist nicht nur der glückliche Vollstrecker von Subventionen für gescheiterte AKW-Projekte, sondern will auch die Palliativpflege für bestehende AKWs aus der Staatskasse finanzieren.
Aus dem wird einiges klar: die mittlerweile ältere Herren Trump und Blocher wollen das Rad der Energiegeschichte zurückdrehen. Es gibt aber einen Unterschied, der dieses Vorhaben bei uns in der Schweiz noch abstruser macht. Im nordamerikanischen Boden gibt es Unmengen an Kohle und Öl. Dagegen gibt es im schweizerischen Untergrund keine fossile Energie. Aber diese neueren Erkenntnisse aus der Geologie scheinen in Herrliberg kaum Aufmerksamkeit gefunden zu haben.
Liebe Genossinen und Genossen,
Diese konservative Konterrevolution wollen wir nicht. Auch nicht in der Energie- und Klimapolitik.
Was wir wollen, ist eine sichere saubere und schweizerische Energieversorgung.
Deshalb werden wir für ja am 21. Mai kämpfen.