No-Billag: eine fundamental antischweizeriche Initiative

Bei dieser Volksinitiative ist mir nicht ganz klar, was die wahren Ziele und Motivationen der Initianten sind. Das spielt aber keine Rolle und soll uns wenig interessieren, denn das, was letztlich zählt, sind die Konsequenzen einer allfälligen Annahme und somit die Konsequenzen einer Abschaffung der Radio- und Fernsehfinanzierung in unserem Land. Diese Konsequenzen möchte ich jetzt aufzeigen. Ich mache das auf Deutsch, weil in den drei Minderheitssprachregionen die schmerzliche Erfahrung des Mediensterbens leider weiter fortgeschritten ist und somit auch das Bewusstsein der Risiken stärker ist.
Erste Konsequenz wäre, dass die SRG fast alle Kanäle schliessen würde, denn die Gebühren sichern das Gros der Finanzierung. Wenn die Gebühren verschwinden, wird die SRG auch für die Werbung viel weniger attraktiv. Meine Prognose ist, dass es nur noch in der deutschen Schweiz für ein Rumpffernsehen reichen würde. Frontal betroffen wären auch Lokalradio und Lokalfernsehen. Damit würde die Medienkonzentration weitergehen. Eine unabhängige Informationsquelle würde überall verschwinden.
Es ist ein Irrtum zu glauben, dass die Werbung, welche die SRG nicht mehr anziehen würde, plötzlich zu den schweizerischen Printmedien gehen würde. Nein, diese Werbung würde hauptsächlich bei Google, bei Facebook und bei ausländischen Werbefenstern landen. Ich hoffe, dass das nicht die wahre Absicht der Initianten ist. Ich möchte mich hüten, ihnen das zu unterstellen.
Es ist auch ein Irrtum zu glauben, dass plötzlich private Qualitätsmedien die SRG ersetzen würden. Was möglicherweise in einem Markt mit 80 Millionen Teilnehmern denkbar ist, ist in der kleinen Deutschschweiz nicht möglich und noch weniger in Genf, in Lugano oder in der Surselva.
Eine zweite Konsequenz wäre folgende: Das Verschwinden der SRG wäre eine massive Schwächung der lokalen und regionalen Berichterstattung. Leider ist es nötig, hier in Erinnerung zu rufen, dass unabhängige, diversifizierte Medien ein Grundpfeiler der Meinungsäusserungsfreiheit sind und für die freie Willensbildung der Bürgerinnen und Bürger absolut notwendig sind. Ohne starke, freie und diversifizierte Medien ist eine Demokratie unmöglich. In unserem Land, wo die Demokratie sehr föderalistisch aufgebaut ist und neben den nationalen Volksabstimmungen oft kantonale und Gemeindeabstimmungen stattfinden, wäre das Verschwinden des medialen Service public auch ein Schlag gegen unsere demokratischen Strukturen. Die Bürgerinnen und Bürger werden sich nämlich in den Volksabstimmungen kaum fundierter äussern, wenn es weniger ausgeglichene Informationskanäle gibt.
Eine dritte Konsequenz wäre folgende: Das Verschwinden der SRG wäre eine grosse Schwächung des kulturellen Zusammenhalts der Schweiz. Die Schweiz wird zu Recht als Willensnation bezeichnet, denn es fehlt uns ein sprachlich-kultureller Zement. Eigentlich sind wir stolz auf unser Modell. Trotz vier Landessprachen verstehen wir uns einigermassen, und wir mögen einander in unserer Diversität. Das muss gepflegt werden, und die Existenz der SRG trägt massgeblich dazu bei.
Die No-Billag-Initiative ist nicht nur für die SRG existenzbedrohend, ihre Annahme würde auch die Demokratie und die nationale Kohäsion untergraben. In einem weltweiten Kontext, wo die Bildung der öffentlichen Meinung immer mehr durch Fehlinformation und Fake News geprägt ist, wäre eine Abschaffung der SRG ein Rückschlag historischer Dimension. Es braucht nämlich mehr denn je einen soliden Service public, der auch solide und verifizierte Informationen transportiert.
Gäbe es keine SRG, müsste man sie sofort einrichten.
Das heisst noch lange nicht, dass die SRG perfekt wäre und kein Verbesserungspotenzial vorliegt. Für diese Diskussion sind wir offen, gerade, weil die SRG noch wichtiger geworden ist als vor ein paar Jahren. Damit wird es ziemlich klar: Diese No-Billag-Initiative ist eine fundamental anti-schweizerische Volksinitiative. Diese gehört wuchtig abgelehnt.
Mit der Ablehnung dieser Initiative sind wir leider noch nicht über dem Berg. Es muss sicher auch eine Diskussion stattfinden, wie im Printsektor eine diversifizierte Presse zu gewährleisten ist. Aber die Lage wäre nur noch schlimmer mit der Annahme dieser Initiative.
Danke schön, wenn Sie diese Initiative zur Ablehnung empfehlen.