Rücktritt aus dem Nationalrat

Medienmitteilung von Roger Nordmann
(en Francais)

Mit diesen Zeilen möchte ich einige Gedanken zum Ausdruck bringen, da ich am 20. März 2025 aus dem Nationalrat ausscheide. Dieser Abgang ist Anlass, eine kurze Bilanz meiner Tätigkeit zu ziehen und vor allem einige grosse Herausforderungen aufzuzeigen, die auf die Schweiz warten.

Nach 20 Jahren Tätigkeit, 82 ordentlichen Sessionen und 8 spannenden Jahren als Präsident der Sozialdemokratischen Fraktion in den eidgenössischen Räten ist es Zeit für einen Wechsel. Meine Partei verfügt über viele neue Kräfte, die nur darauf warten, sich zu Wort zu melden. Ich kann den Stab also beruhigt an meinen Nachfolger weitergeben.

Zum Zeitpunkt meines Ausscheidens aus dem Parlament möchte ich zunächst meinen Wählerinnen und Wählern danken, die es mir ermöglicht haben, in diesen vielen Jahren zu handeln, sei es in der Sozialdemokratischen Fraktion, in den thematischen Kommissionen oder auch in der parlamentarischen Untersuchungskommission zur Fusion von Credit Suisse und UBS. Mein Dank gilt meinen Genoss:innen, aber auch meinen Kolleg:innen anderer Parteien sowie den Mitarbeiter:innen der Verwaltung und der Parlamentsdienste, nicht zu vergessen den Vertretern der Medien, ohne die es keine demokratische Debatte gäbe.

Diese zwei Jahrzehnte waren besonders intensiv. Wenn ich eine Bilanz meiner zahlreichen Engagements ziehen müsste, würde ich die folgenden Erfolge hervorheben, zu denen ich, wie ich glaube, beigetragen habe:

– Die vom Volk im Jahr 2014 beschlossene zusätzliche Milliarde an jährlichen Investitionen in den öffentlichen Verkehr.

– Die Entwicklung der Solarenergie, die vor 20 Jahren 0,03 % der Elektrizität ausmachte und heute 12 % der Stromerzeugung ausmacht.

– Die energetische Sanierung von Gebäuden (-40 % Emissionen), insbesondere dank der CO2-Steuer und des Gebäudeprogramms. Zu erwähnen ist auch die jüngste Volksabstimmung zur Unterstützung des Heizungsersatzes.

– Die Rettung der bilateralen Abkommen nach der SVP-Initiative von 2014.

– Die Ablehnung der Unternehmenssteuerreform I, die das öffentliche Defizit massiv erhöht und die Steuerungleichheiten verschärft hätte. Und das Ersatzprojekt STAF, das es ermöglichte, die Steuerreform mit der Konsolidierung der AHV-Finanzen zu verbinden,

Natürlich waren meine zahlreichen Bemühungen nicht immer von Erfolg gekrönt. In vielen Bereichen hätte ich gerne mehr getan, um dem Gemeinwohl zu dienen und bessere Ergebnisse zu erzielen.

In meiner Tätigkeit als unabhängiger Berater, die ich in meinem Büro „Approche Nordmann“ wieder aufnehmen werde, möchte ich dieses Engagement fortsetzen, insbesondere in den Bereichen Energie, Klima und Entwicklung relevanter Infrastrukturen. Mein Ziel ist es nach wie vor, Analysen und Erfahrungen auszutauschen und Impulse für Zukunftsprojekte zu geben, sei es in Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Sektor oder mit privaten Unternehmen.

Wir leben heute in einer Welt, die sehr viel gefährlicher geworden ist. Klimawandel, Krieg auf unserem Kontinent, die Rückkehr autoritärer Regime, digitale Desinformation, weit verbreiteter Populismus und die Abwertung demokratischer Institutionen – die Spannungen nehmen zu. In diesem beunruhigenden Kontext mangelt es der Schweiz nicht an Herausforderungen. Drei Themen scheinen mir zum Zeitpunkt meines Ausscheidens aus dem Parlament vorrangig zu sein.

Erstens hat die Menschheit die natürlichen Ressourcen so stark ausgebeutet, dass die Situation kritisch wird. Die Herausforderung besteht darin, den ökologischen Fussabdruck menschlicher Aktivitäten schnell zu verringern und gleichzeitig den Ärmsten einen angemessenen Lebensstandard zu ermöglichen. Glücklicherweise wurden bedeutende Fortschritte erzielt. In diesem Bereich ist neben der Umweltpolitik im engeren Sinne eine starke Umverteilung erforderlich. Andernfalls werden die reichen Regionen und Menschen übermässig konsumieren, während der Zugang der benachteiligten Menschen zu natürlichen Ressourcen gefährdet wird.

Die zweite Herausforderung für die Schweiz ist ihre Beziehung zu Europa. Die EU ist eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte, in der Toleranz, Freiheit, Demokratie und Wohlstand sehr attraktiv sind. Nicht ohne Grund ist sie ein beliebtes Ziel für Migranten. Doch sie wird von innen durch Populismus und von aussen durch Autokraten angegriffen. Zu glauben, dass es ausreicht, sich auf den weltweiten Freihandel zu verlassen, um sicher zu sein, ist bedauerlich Naiv. Wir müssen unsere Werte, unsere Industrien und unsere Ressourcen verteidigen. Dafür ist es unerlässlich, die europäischen Institutionen zu stärken, und die Schweiz sollte ihren Beitrag dazu leisten. Zunächst einmal geht es darum, die neuen Abkommen mit der EU zu akzeptieren, die der Bundesrat gut ausgehandelt hat.

Der dritte kritische Punkt ist schliesslich die institutionelle Modernisierung der Schweiz. In unserem Land sind die Entscheidungsprozesse viel zu langsam und die Orientierungshilfen unzureichend. Die kommunalen und kantonalen Grenzen entsprechen nicht mehr den Lebensräumen und unterhalten ein flickenteppisch von unglaublicher Ineffizienz. Unser Reichtum hat es uns ermöglicht, uns diesen Luxus zu leisten, aber wir könnten es viel besser machen. Auch das Regierungssystem hat seine Grenzen erreicht. Einerseits, weil es keine klaren Linien bei der Zusammensetzung der Exekutive gibt. Zum anderen, weil die Neigung, immer den Schwächsten der gegnerischen Seite zu wählen, zur Systematik zu werden droht. In einer halbdirekten Demokratie, in der immer mehr Abstimmungen die politischen Orientierungen spalten, ist der kollektive Erfolg jedoch nur mit einem starken und kohärenten Bundesrat möglich.

Die Schweiz hat viele Stärken, vorausgesetzt, sie wagt es, sich selbst in Frage zu stellen und sich weiterzuentwickeln. Ich wünsche den Mitgliedern der eidgenössischen Räte, die inskünftig vor komplexen Herausforderungen stehen werden, viel Erfolg. Diese können bewältigt werden, wenn wir, Politiker und Bürger, gemeinsam handeln und dabei langfristige Visionen und das allgemeine Interesse in den Vordergrund stellen.

Roger Nordmann. Lausanne, 28. Februar 2025

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